Mittwoch, 30. Januar 2013

Bewerbungen

Vor fast vier Jahren habe ich den Schritt gewagt, mein Home-Office zumindest offiziell zu schließen und ein Büro zu mieten. Es war für mich ein großer Schritt, denn die Miete und die Nebenkosten, die Anschaffung der Büroausstattung, die andere Organisation des Arbeits- und Familienalltags und viele Kleinigkeiten waren eine große finanzielle und nervliche Herausforderung.

Es kamen einige Neukunden dazu, so dass sich die Investitionen schnell amortisierten, und wenn nicht die privaten Umstände (Schulgeld *seufz*) gedrängt hätten, hätte ich vermutlich noch einige Zeit auf erträgliche Weise den Spagat zwischen Job und schwierigen Kindern einigermaßen geschafft. So aber mussten die Einnahmen langfristig drastisch steigen. Das klappte, was natürlich sehr erfreulich ist.

Und daher ist nach nur vier Jahren das Büro eigentlich zu klein, die Arbeitsbelastung grenzwertig, und durch die besonderen Ereignisse hier im Landkreis, Stichwort Betrug eines Kollegen, waren die letzten zwei Jahre der helle Wahnsinn.

Es ging nicht mehr anders, ich musste mir eine Sekretärin suchen. Bisher hatte mir eine freiberuflich tätige Bürokraft ab und zu geholfen, was praktisch war, weil ohne feste Verpflichtung, aber leider, leider hat Frau V. inzwischen eine feste Vollzeitstelle angenommen und stand nicht mehr zur Verfügung.

Ähnlich wie vor vier Jahren war dies ein längerer Prozess. Ich rechnete und grübelte, von Monat zu Monat ging es ja irgendwie, aber als ich Anfang des Jahres mit wachsender Verzweiflung die Papierberge betrachtete, raffte ich mich auf und begann mit der Suche.

Ich wünschte mir eine Bürokraft, die Telefonanrufe annehmen und relativ einfach Büroarbeiten erledigen konnte. Mehr als einen Minijob kann ich nicht finanzieren. Als Mutter war für mich völlig klar, dass ich eine andere Mutter bevorzugt einstellen würde. Wer sonst sucht eine Teilzeitstelle ?

Mein erster Weg führte mich zur Online-Stellenbörse des Arbeitsamtes. Eine erste Ernüchterung kam auf. Viele der Stellensuchenden haben unterirdisch schlechte Profile veröffentlich. Ich hatte ja vermutet, dass der jeweilige Sachbearbeiter der Stellensuchenden sich das anschaut, aber das ist sehr offensichtlich nicht der Fall.

Zwei Gesuche machten einen passenden Eindruck, ich registrierte mich auf dem Portal und kontaktierte die Frauen: eine Dame um die sechzig, und eine junge Mutter.

Ich wartete ganz aufgeregt, und es kam auch nach Tagen genau NICHTS.

Schade, aber ich fand dann noch ein interessantes Gesuch in einem Online-Kleinanzeigenmagazin. Eine Frau bot Bürodienste als Selbständige an, was mir sehr zusagte. Kein Bürokratiewahnsinn mit der Minijobzentrale, keine Verpflichtung, das klang gut. Wir telefonierten, die Frau war am Telefon sympathisch, ich war hoch erfreut.

Um 14.00 Uhr waren wir verabredet. Ich hatte viel Zeit investiert und ihr die Unterlagen, die sie bearbeiten sollte, genau vorbereitet, denn sie wollte sofort loslegen.

Und dann wartete ich. Nervös, aber optimistisch.

Dann klingelte das Telefon. Die Bewerberin meinte, sie sei krank und könne leider nicht kommen. Auf meine Frage hin, warum sie sich nicht schon früher gemeldet hatte, meinte sie, sie sei so lange beim Arzt gewesen.

Danke, aber wer sich schon beim ersten Termin als so unzuverlässig erweist, ist nicht geeignet. Das ist die Kurzform, die junge Frau hatte dann doch noch ein paar eigenwillige Vorstellungen.

Wieder war ich gefrustet.

Als nächsten Versuch gab ich in der Jobbörse der Arbeitsagentur ein Stellenangebot auf. Ich bemühte mich, genau zu beschreiben, was ich erwartete, nannte die geplante Arbeitszeit in Stunden und die Vergütung, setzte einen Link auf meine Homepage und nannte natürlich meinen Namen, so dass klar war, dass es sich nicht um eine unseriöse Zeitarbeitsfirma handelte.

Die ersten Bewerbungen kamen innerhalb einer Stunde, und ich freute mich sehr. Jetzt würde ich ganz sicher jemanden finden.

Weil ich dachte, wer schnell ist, hat auch echtes Interesse, kontaktierte ich die erste Bewerberin. Ihr Lebenslauf hatte zwar gewisse Brüche, aber sie schien sympathisch. Nicht ganz nachvollziehbar war mir, warum eine junge und kinderlose Frau mit abgeschlossener Ausbildung nur wenige Stunden pro Woche arbeiten möchte, aber die Bewerberin meinte, das würde sie mir gerne in einem persönlichen Gespräch erklären.

In Ordnung. Vielleicht musste sie die Oma pflegen, studierte nebenbei, oder was auch immer.

Dann kam noch eine Bewerbung von einer jungen Mutter, die einen völlig normalen Lebenslauf hatte. Ausbildung, Job, Jobwechsel, Kinder, und dann viele Jahre eine Teilzeittätigkeit, die meiner Branche sehr nahe kam. Das klang toll, und ich lud auch diese junge Mutter ein.

Zuerst kam die kinderlose junge Frau. Und mir fehlten die Worte. Sie wolle das Leben genießen und nicht so viel arbeiten, ein paar Stunden pro Woche würden ihr reichen. Seit ein paar Monaten schon suche sie eine Stelle, aber das sei so schwierig, würde sie aber nicht belasten, denn mit dem Arbeitslosengeld komme sie gut zurecht. Und sie erzählte wortreich, dass sie als junge Frau sich nicht den Zwängen eines festen Jobs unterwerfen wolle, sondern reisen, feiern, chillen und das Leben genießen. „Wann, wenn nicht jetzt, das können Sie sicher verstehen“, meinte sie sehr ernsthaft.

Kurz kam die Mutter in mir durch und ich war versucht, dem Mädchen die Leviten zu lesen, aber dann konnte ich mich gerade noch beherrschen. Wir stellten fest, dass wir auch zeitlich nicht zusammenkommen würden, denn sie hatte sich gedacht, dass sie vor allem Samstags arbeiten würde, was etwas ungeschickt ist, da sie Kundenanrufe entgegennehmen sollte. Und sie verstand auch, dass ich jemanden für eine langistige Zusammenarbeit suche und nicht als Zwischenstation für die nächste längere Reise.

Kein Problem, sie sei mir da nicht böse, es gehe ihr auch ohne Job gut, meinte die Frau fröhlich. Und zwar ernsthaft fröhlich, ohne den Hauch eines Bedauerns. Ich dagegen war durchaus angesäuert, denn die Dame hatte mir dann doch einige Zeit gestohlen.

Bis zu dem Termin mit der jungen Mutter gingen einige Bewerbungen ein, es wurde richtig arbeitsintensiv, denn ich wollte fair sein und schaute mir alle Unterlagen sorgfältig an und bemühte mich um eine zeitnahe Antwort.

Leider wuchs mein Entsetzen. Es bewarben sich kaum Mütter, sondern vorwiegend junge und kinderlose Frauen mit teilweise bedrückendem Lebenslauf. Da war die Frau, die unter anderem nur einen Monat bei einem Supermarkt beschäftigt war und sehr offensichtlich so schlampig gearbeitet hatte, dass man sie schnellstmöglich gefeuert hatte. Der Rest der Bewerbung sowie die unglaublich zahlreichen Kurzbeschäftigungen waren zu eindeutig – da hatte jemand keinerlei Lust auf Arbeit.

Es gab einige Zeugnisse, die jeder Laie sofort verstehen konnte. Wenn nach einem halben Jahr der Arbeitgeber schreibt, die Zusammenarbeit sei so kurz gewesen, dass man keine Beurteilung abgeben könne, und auch das zu den anderen, gerade noch freundlichen Zeugnissen passt, dann wird das seine Gründe haben.

Die kinderlose Frau um die Vierzig, deren Lebenslauf über mehrere Seiten ging und die mir wortreich erklärte, warum sie so viele Wechsel hatte, wird ebenfalls nur schwer eine Stelle finden, denn wie erklärt man, dass man in diesem Alter noch nie eine Vollzeitstelle innehatte, dafür aber alle zwei Jahre eine Auszeit im Ausland ?

Die vielen, vielen Fehler in den Anschreiben waren teilweise schlimm, und ich gebe zu, als ältere Dame finde ich Online-Bewerbungen mit dem Absender „Susimaus81(at)gmxwebsonstwas.de wirklich schrecklich. Das ist aber heutzutage so, nur ganz, ganz wenige Bewerberinnen hatten seriös klingende Mailadis.

Dann kam der Termin mit der jungen Mutter. Seriöse Mailadi, vollkommen normales Auftreten, keine Tippfehler in der Bewerbung, sympathisch am Telefon.

Ihr ahnt es sicher – es hat sofort gepasst, die erste Zusammenarbeit war vielversprechend, und ich hoffe so sehr, dass das eine langfristige und gute Geschichte wird – ebenso wie die Frau offen sagt, sie sei wahnsinnig froh über die geringe und flexible Arbeitszeit, weil ihre Kinder noch so klein sind.

Und so wird nach nur vier Jahren schon wieder alles anders….









1 Kommentar:

Stellenbörse online gratis hat gesagt…

Danke für die Tipps. Habe dadurch noch ein paar Schwachstellen bei meinen Bewerbungen entdeckt.