Es kamen einige Neukunden dazu, so dass sich die
Investitionen schnell amortisierten, und wenn nicht die privaten Umstände
(Schulgeld *seufz*) gedrängt hätten, hätte ich vermutlich noch einige Zeit auf
erträgliche Weise den Spagat zwischen Job und schwierigen Kindern einigermaßen
geschafft. So aber mussten die Einnahmen langfristig drastisch steigen. Das
klappte, was natürlich sehr erfreulich ist.
Und daher ist nach nur vier Jahren das Büro eigentlich zu
klein, die Arbeitsbelastung grenzwertig, und durch die besonderen Ereignisse
hier im Landkreis, Stichwort Betrug eines Kollegen, waren die letzten zwei
Jahre der helle Wahnsinn.
Es ging nicht mehr anders, ich musste mir eine Sekretärin
suchen. Bisher hatte mir eine freiberuflich tätige Bürokraft ab und zu
geholfen, was praktisch war, weil ohne feste Verpflichtung, aber leider, leider
hat Frau V. inzwischen eine feste Vollzeitstelle angenommen und stand nicht
mehr zur Verfügung.
Ähnlich wie vor vier Jahren war dies ein längerer
Prozess. Ich rechnete und grübelte, von Monat zu Monat ging es ja irgendwie,
aber als ich Anfang des Jahres mit wachsender Verzweiflung die Papierberge
betrachtete, raffte ich mich auf und begann mit der Suche.
Ich wünschte mir eine Bürokraft, die Telefonanrufe
annehmen und relativ einfach Büroarbeiten erledigen konnte. Mehr als einen
Minijob kann ich nicht finanzieren. Als Mutter war für mich völlig klar, dass
ich eine andere Mutter bevorzugt einstellen würde. Wer sonst sucht eine
Teilzeitstelle ?
Mein erster Weg führte mich zur Online-Stellenbörse des
Arbeitsamtes. Eine erste Ernüchterung kam auf. Viele der Stellensuchenden haben
unterirdisch schlechte Profile veröffentlich. Ich hatte ja vermutet, dass der
jeweilige Sachbearbeiter der Stellensuchenden sich das anschaut, aber das ist
sehr offensichtlich nicht der Fall.
Zwei Gesuche machten einen passenden Eindruck, ich
registrierte mich auf dem Portal und kontaktierte die Frauen: eine Dame um die
sechzig, und eine junge Mutter.
Ich wartete ganz aufgeregt, und es kam auch nach Tagen
genau NICHTS.
Schade, aber ich fand dann noch ein interessantes Gesuch
in einem Online-Kleinanzeigenmagazin. Eine Frau bot Bürodienste als
Selbständige an, was mir sehr zusagte. Kein Bürokratiewahnsinn mit der
Minijobzentrale, keine Verpflichtung, das klang gut. Wir telefonierten, die
Frau war am Telefon sympathisch, ich war hoch erfreut.
Um 14.00 Uhr waren wir verabredet. Ich hatte viel Zeit
investiert und ihr die Unterlagen, die sie bearbeiten sollte, genau
vorbereitet, denn sie wollte sofort loslegen.
Und dann wartete ich. Nervös, aber optimistisch.
Dann klingelte das Telefon. Die Bewerberin meinte, sie
sei krank und könne leider nicht kommen. Auf meine Frage hin, warum sie sich
nicht schon früher gemeldet hatte, meinte sie, sie sei so lange beim Arzt gewesen.
Danke, aber wer sich schon beim ersten Termin als so
unzuverlässig erweist, ist nicht geeignet. Das ist die Kurzform, die junge Frau
hatte dann doch noch ein paar eigenwillige Vorstellungen.
Wieder war ich gefrustet.
Als nächsten Versuch gab ich in der Jobbörse der
Arbeitsagentur ein Stellenangebot auf. Ich bemühte mich, genau zu beschreiben,
was ich erwartete, nannte die geplante Arbeitszeit in Stunden und die
Vergütung, setzte einen Link auf meine Homepage und nannte natürlich meinen
Namen, so dass klar war, dass es sich nicht um eine unseriöse Zeitarbeitsfirma
handelte.
Die ersten Bewerbungen kamen innerhalb einer Stunde, und
ich freute mich sehr. Jetzt würde ich ganz sicher jemanden finden.
Weil ich dachte, wer schnell ist, hat auch echtes Interesse,
kontaktierte ich die erste Bewerberin. Ihr Lebenslauf hatte zwar gewisse
Brüche, aber sie schien sympathisch. Nicht ganz nachvollziehbar war mir, warum
eine junge und kinderlose Frau mit abgeschlossener Ausbildung nur wenige
Stunden pro Woche arbeiten möchte, aber die Bewerberin meinte, das würde sie
mir gerne in einem persönlichen Gespräch erklären.
In Ordnung. Vielleicht musste sie die Oma pflegen,
studierte nebenbei, oder was auch immer.
Dann kam noch eine Bewerbung von einer jungen Mutter, die
einen völlig normalen Lebenslauf hatte. Ausbildung, Job, Jobwechsel, Kinder,
und dann viele Jahre eine Teilzeittätigkeit, die meiner Branche sehr nahe kam.
Das klang toll, und ich lud auch diese junge Mutter ein.
Zuerst kam die kinderlose junge Frau. Und mir fehlten die
Worte. Sie wolle das Leben genießen und nicht so viel arbeiten, ein paar
Stunden pro Woche würden ihr reichen. Seit ein paar Monaten schon suche sie
eine Stelle, aber das sei so schwierig, würde sie aber nicht belasten, denn mit
dem Arbeitslosengeld komme sie gut zurecht. Und sie erzählte wortreich, dass
sie als junge Frau sich nicht den Zwängen eines festen Jobs unterwerfen wolle,
sondern reisen, feiern, chillen und das Leben genießen. „Wann, wenn nicht
jetzt, das können Sie sicher verstehen“, meinte sie sehr ernsthaft.
Kurz kam die Mutter in mir durch und ich war versucht,
dem Mädchen die Leviten zu lesen, aber dann konnte ich mich gerade noch
beherrschen. Wir stellten fest, dass wir auch zeitlich nicht zusammenkommen
würden, denn sie hatte sich gedacht, dass sie vor allem Samstags arbeiten
würde, was etwas ungeschickt ist, da sie Kundenanrufe entgegennehmen sollte.
Und sie verstand auch, dass ich jemanden für eine langistige Zusammenarbeit
suche und nicht als Zwischenstation für die nächste längere Reise.
Kein Problem, sie sei mir da nicht böse, es gehe ihr auch
ohne Job gut, meinte die Frau fröhlich. Und zwar ernsthaft fröhlich, ohne den
Hauch eines Bedauerns. Ich dagegen war durchaus angesäuert, denn die Dame hatte
mir dann doch einige Zeit gestohlen.
Bis zu dem Termin mit der jungen Mutter gingen einige
Bewerbungen ein, es wurde richtig arbeitsintensiv, denn ich wollte fair sein
und schaute mir alle Unterlagen sorgfältig an und bemühte mich um eine zeitnahe
Antwort.
Leider wuchs mein Entsetzen. Es bewarben sich kaum
Mütter, sondern vorwiegend junge und kinderlose Frauen mit teilweise
bedrückendem Lebenslauf. Da war die Frau, die unter anderem nur einen Monat bei
einem Supermarkt beschäftigt war und sehr offensichtlich so schlampig
gearbeitet hatte, dass man sie schnellstmöglich gefeuert hatte. Der Rest der Bewerbung
sowie die unglaublich zahlreichen Kurzbeschäftigungen waren zu eindeutig – da hatte
jemand keinerlei Lust auf Arbeit.
Es gab einige Zeugnisse, die jeder Laie sofort verstehen
konnte. Wenn nach einem halben Jahr der Arbeitgeber schreibt, die
Zusammenarbeit sei so kurz gewesen, dass man keine Beurteilung abgeben könne,
und auch das zu den anderen, gerade noch freundlichen Zeugnissen passt, dann wird
das seine Gründe haben.
Die kinderlose Frau um die Vierzig, deren Lebenslauf über
mehrere Seiten ging und die mir wortreich erklärte, warum sie so viele Wechsel
hatte, wird ebenfalls nur schwer eine Stelle finden, denn wie erklärt man, dass
man in diesem Alter noch nie eine Vollzeitstelle innehatte, dafür aber alle zwei
Jahre eine Auszeit im Ausland ?
Die vielen, vielen Fehler in den Anschreiben waren
teilweise schlimm, und ich gebe zu, als ältere Dame finde ich
Online-Bewerbungen mit dem Absender „Susimaus81(at)gmxwebsonstwas.de wirklich
schrecklich. Das ist aber heutzutage so, nur ganz, ganz wenige Bewerberinnen
hatten seriös klingende Mailadis.
Dann kam der Termin mit der jungen Mutter. Seriöse
Mailadi, vollkommen normales Auftreten, keine Tippfehler in der Bewerbung,
sympathisch am Telefon.
Ihr ahnt es sicher – es hat sofort gepasst, die erste
Zusammenarbeit war vielversprechend, und ich hoffe so sehr, dass das eine
langfristige und gute Geschichte wird – ebenso wie die Frau offen sagt, sie sei
wahnsinnig froh über die geringe und flexible Arbeitszeit, weil ihre Kinder
noch so klein sind.
Und so wird nach nur vier Jahren schon wieder alles
anders….
1 Kommentar:
Danke für die Tipps. Habe dadurch noch ein paar Schwachstellen bei meinen Bewerbungen entdeckt.
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