Sonntag, 1. Juni 2014

Die grüne Couch


Vor sehr langer Zeit, unser zweites Kind war gerade geboren, hatten wir genug gespart, um uns eine „richtige“ Couch leisten zu können. Kein tolles Designerteil, das war nicht in unserem Rahmen, aber ein gutes Stück, das vermutlich einiges aushalten konnte. 

Wir fanden die grüne Couch, eine Eckcouch mit einem wunderbar angenehmen Stoffbezug, genannt Alcantara. 
 
Die Couch war damals schick, sie war bequem, sie hielt Babyspucke und Apfelsaft aus, nichts drang in das Gewebe ein, man konnte sie wunderbar abwischen. Unzählige Stunden wurde darauf gesessen, geschlafen, gelesen, gelümmelt – wir liebten sie sehr. Auch insgesamt drei Umzüge überstand sie sehr gut. 
 
Schon vor ein paar Jahren reklamierte die damalige Pubertistin, was für peinliche Eltern wir seien, die Couch ginge gar nicht, voll der Style des letzten Jahrhunderts, da könne man echt keinen Besuch empfangen, man müsse sich schämen, wie ärmlich wir lebten.
 
Irgendwann fand ich die Couch auch nicht mehr so ganz schick, aber sie war einfach so bequem und fühlte sich wahnsinnig angenehm an. Ab und zu bummelten wir durch das eine oder andere Möbelhaus und sahen uns auch die Polstermöbel an, aber niemals gefiel uns etwas gut genug, um auch nur ansatzweise ein Ersatz für diese Couch sein zu können. Außerdem waren wir inzwischen eine ziemlich große Familie mit großen Kindern, die entsprechend Platz auf der Couch beanspruchen, so dass die schönen Sonderangebote aus den bunten Prospekten stets sowieso viel zu klein waren, und die Modelle mit ausreichender Größe in guter Qualität zu teuer für diese Lebensphase.
 
Nun bin ich ein leidenschaftlicher ebay-Stöberer, daher stieß ich irgendwann auf einen Händler, der Ausstellungsstücke vertickert. Man kann bei ihm den Kauf bei Nichtgefallen rückgängig machen, er ist eine Autostunde von hier entfernt und hat sehr schicke Markenmöbel deutlich reduziert. An einem gemütlichen Abend entdeckte ich eine sehr große, U-förmige Wohnlandschaft in seinem Angebot, war mir aber unsicher, denn sie war etwas gediegen in der Farbe, so eine Art Beige. Gesittet und modern, hochwertig, bürgerlich – eigentlich fühlte ich mich nicht alt genug für ein solches Teil. Die große Tochter aber witterte eine Chance und lobte dieses Modell sehr. Ihr Vorschlag war, die Neutralität mit bunten Accessoires zu durchbrechen. Man könnte dieser Couch je nach Laune in einer roten Phase mit Dekokissen und Wohndecken mehr Feuer geben, sie in einer blauen Phase eher kühl wirken lassen, und wenn die alte Mutter einen Vogel bekommt, alle möglichen Farben mischen.
 
Im Shop des Händlers kostete die Wohnlandschaft einen Betrag X, aber auf ebay stellte er sie gleichzeitig zum Bieten mit ein, mit einem hohen Startpreis, aber deutlich unter dem, was er in seinem Onlineshop verlangte. Der Göga sah alles gelassen, meistens vergesse ich nämlich, rechtzeitig zu bieten. 
 
Das Ende der Auktion kam, und es bot genau niemand. Niemand außer mir – ich hatte das Möbelstück ersteigert Zu einem absoluten Spottpreis !
 
Am nächstmöglichen freien Tag des Gögas fuhren wir zu dem Händler, um die Wohnlandschaft anzusehen, genauer gesagt, einen Teil davon, denn der Rest war bereits versandfertig verpackt. Wir wollten lediglich probesitzen und den Stoff in echt anschauen und anfühlen.
 
 Schicker Laden, das muss ich sagen. Wir schauten uns um und entdeckten nirgendwo die Couch. Die sehr netten Jungs dort waren etwas verlegen und zeigten auf einen Zweisitzer ganz am Rande der Ausstellung. „Ja, die Farbe ist etwas anders als auf dem Monitor“, druckste einer von ihnen herum. Das war ziemlich beschönigt: Eine beige Wohnlandschaft auf dem Bildschirm ging für mich okay, aber das Möbelstück hier in der Halle war eher sandfarben bis bräunlich – nein, so auf den ersten Blick gefiel uns das nicht. Wir baten um Bedenkzeit und gingen durch die Ausstellung.
 
Wieder einmal überlegten wir, ob wir nicht doch eine Ledercouch nehmen sollten. Diese Teile sind einfach wahnsinnig schick. Aber wie immer erinnerten wir uns an unsere letzten Ferienhäuser in Dänemark mit den tollen Ledermöbeln – sie sind superpraktisch, gerade in einem Ferienhaus, aber sie fühlen sich niemals so gut an wie unsere grüne Couch, und Kuscheldecken verrutschen darauf ständig. Nein, keine Ledercouch.
 
Im Prinzip würde die sandige Farbe sehr gut in unser Wohnzimmer mit den offenen Balken und den hellen Teppichen passen. Modern war sie auf jeden Fall – wir setzten uns also mal hin. Und waren hin und weg. Man saß wie auf Wolken, der Stoff fühlte sich gut an – nicht so perfekt wie bei der grünen Couch, aber immer noch sehr gut. Und ganz ehrlich, eine riesige Wohnlandschaft, so groß, dass vermutlich deshalb keiner mitgesteigert hatte, die normal gekauft in einer Preisklasse lag, über die wir normalerweise nicht einmal nachdachten, zu einem so günstigen Preis, das war schon klasse.
 
Einige Tage später wurde das gute Stück geliefert, sie war auch zerlegt zu groß für den Van. Vorab musste nun die grüne Couch daran glauben, und das war gar nicht so einfach: Das mittlere Kind hatte erheblichen Abschiedsschmerz und wollte das Versprechen, dass wir die grüne Couch für die erste eigene Wohnung aufbewahren würden. Schließlich gehöre das Teil zu ihrem Leben, auf dieser Couch war sie gestillt worden, hatte geschlafen, ferngesehen, gekuschelt, also nein, die kann nicht weg.
 
Der eher unsentimentale Junior wünschte, dass die Couch in den Hobbyraum gestellt werden solle, denn dort ist sein PC, und dann könnte er nachts durchmachen und irgendwann einfach nur noch ein paar Meter rollen, auf die Couch fallen und schlafen.
 
Der Göga meinte, irgend jemand würde sie bei ebay ersteigern, ganz bestimmt. Aber als er die Fotos der „nackten“ Couch sah, musste auch er zugeben, dass sie alt geworden war. Sie hatte keinerlei Löcher, aber man sah ihr an, dass sie intensiv genutzt worden war. Nein, niemand würde das ersteigern, was für alle anderen einfach nur Sperrmüll war.
 
Daher lebt sie jetzt im Hobbyraum weiter, sehr zum Glück der beiden jüngeren Kinder. Ich fürchte, sie wird noch lange bei uns bleiben.
 
Die neue Wohnlandschaft ist tatsächlich riesengroß. Wir können alle gemütlich zusammen sitzen und haben immer noch viel Abstand – wichtig für Menschen, die zu viel Nähe nicht ertragen. Wenn der Göga und ich uns jeweils hinlegen, bleibt immer noch ganz viel frei. Wir winken uns quasi zu, vom einen Teil des U‘s zum anderen Teil. Und mit den knallig roten und orangefarbenen Kissen und Decken sieht sie echt schick aus. 
 
Trotz dieser komischen Farbe !

Sonntag, 6. April 2014

Bloggertreffen


Ich gehöre nicht zu denen, die sich häufig mit Internetbekanntschaften treffen. Nicht mangels Interesse, sondern einfach, weil mein Alltag so randvoll ist, dass ich schon die Pflege realer Freundschaften hier vor Ort oft leider viel zu sehr vernachlässigen muss. Zu meinen Wünschen an den Ruhestand gehört es definitiv, ganz viele Treffen nachzuholen.

Als Petra, die Autorin der beiden Blogs Momblog und dem von mir ganz besonders geschätzten Sevenjobs mir ein Treffen vorschlug, weil sie beruflich nach Stuttgart reiste, war aber sofort klar, dass diese Gelegenheit musste genutzt werden musste. 

Die Jubiläumssäule vor dem Schloss ist leicht zu finden – aber als ich dort war, erschien mir die Idee doch etwas unüberlegt: Es war ein sonniger Tag, es waren sehr, sehr viele Menschen dort, und ich bin ja eh gesichtsblind, wie sollte ich da jemanden nur aufgrund eines Fotos identifizieren ?

Zum Glück erkannte Petra mich zuerst, und wir besuchten ein Café. Es war, zumindest für mich, als würden wir uns schon lange kennen, die Plauderstunde war viel zu schnell vorbei, und ich fand das Treffen sehr inspirierend. Danke, Petra !
 
 

Dienstag, 4. März 2014

Alt ist relativ


Meine allerliebste Exnachbarin, eine junge Frau mit kleinen Kindern, hatte in der letzten Zeit zunehmend melancholisches bei Facebook gepostet. Das passt nicht zu ihr, der flippigen jungen Mutter, und ich fragte sie besorgt, was denn los sei. Sie erzählte, dass sie sich so alt fühle. Natürlich reagierte ich wie alle reiferen Damen – ich lachte und meinte, was ICH denn dann wohl sei – scheintot ?

Nun ergab es sich kürzlich, dass wir spontan wie früher zusammen auf dem Bänkle vor ihrem Haus sitzen konnten und ich hakte genauer nach. Ja, sie fühle sich echt alt. Einige andere Familien sind wie wir weggezogen. Die neue Nachbarin sei ein junges Huhn, fünfundzwanzig und einfach nicht auf ihrer Linie. Die Kinder sind nicht mehr lange Kinder, die Pubertät naht mit großen Schritten – und ihr vierzigster Geburtstag.

VIERZIG ? Meine junge Exnachbarin wird bald VIERZIG ?

Mal ganz ehrlich, diese Zahl passt echt nicht zu ihr, und diese großen Mädels, die sind auch nicht die süßen Gören, die ich vor mir sehe bei dieser Familie.

Eigentlich ist mir mein eigenes Alter relativ egal. Die jetzige Zahl (47) sieht rein ästhetisch betrachtet hässlich aus, aber ich sehe sie ja nicht so oft. Gefühlt bin ich körperlich ungefähr neunundachtzig, da dauererschöpft, geistig aber nicht älter als fünfundzwanzig, bilde ich mir ein. Es KANN eigentlich nicht sein, dass die liebe Exnachbarin auf die Vierzig zugeht.
 
Da bleibt nur, immer wieder daran zu denken, möglichst JETZT zu leben – die Jahre gehen viel zu schnell vorbei

Sonntag, 26. Januar 2014

Neues Jahr, neues Team


Vor ziemlich genau einem Jahr startete ich beruflich recht optimistisch. Ich hatte eine Mitarbeiterin gefunden (http://duke-im-netz.blogspot.de/2013/01/bewerbungen.html) , hatte den Eindruck, sie würde sich bemühen, und war daher zuversichtlich, dass beruflich alles in geordneten Bahnen verlaufen könnte. Die Aufgaben von Frau P. waren eigentlich recht einfach für jemanden, der ausgebildete Wirtschaftsassistentin mit Kenntnissen von Office 2010 ist. Sie sollte Telefonate entgegennehmen, Kontoauszüge verbuchen nach genauen Vorgaben, und die Ablage machen. Langfristig hatte ich an weitere Aufgaben gedacht, wie zum Beispiel die Übernahme des Mahnwesens – verbunden mit einer Gehaltserhöhung.

Einiges ging schief. Ich dachte, es müsse an mir liegen, vielleicht hatte ich mich ungenau ausgedrückt.

Möglicherweise ging ich auch zu sehr von mir aus. Ich hatte in meinem Leben schon viele Jobs, gerade in der Ausbildung war ich gezwungen, nebenbei etwas dazuzuverdienen und machte allerlei. Immer sorgfältig, behaupte ich mal, und das erwarte ich eigentlich auch von anderen.

Eine Kundin rief an und fragten, ob der Betrag xy eingegangen sei. Laut der von Frau P. bearbeiteten Datei war er das nicht. Ich schaute sicherheitshalber direkt bei den Kontoauszügen nach – das Geld war eingegangen, aber nicht verbucht. Frau P. hatte ein ganzes Blatt übersehen. Das kam erschreckend oft vor und führte zu einigen Problemen.

Wenn die Ablage gemacht und die Auszüge verbucht waren, also im letzten Drittel des Monats, hatte Frau P. Leerlauf. Ich bat sie, nicht SCHNELL zu arbeiten, sondern bittebitte SORGFÄLTIG. Es brachte nichts, sie machte viele Fehler.

Da sie laut Zeugnis fit sein sollte mit Office 2010, bat ich sie, Serienbriefe vorzubereiten. Ich bin nämlich KEINE gelernte Bürofachfrau und kann das bisher nur mit Office 2000. Freundliches Lächeln – eigentlich könne sie das gar nicht. Schulterzucken, Pech gehabt.

Ihre Arbeitszeiten hatte ich an die Abholzeiten ihrer Kinder angepasst, Ende 11.30 Uhr statt 12.00 Uhr. Frauen müssen zusammenhalten. Um die nicht geleistete, aber bezahlte Zeit reinzuarbeiten, durfte sie die Versammlungsprotokolle daheim nach Diktat abtippen. Häufig schrieb sie dabei ganze Sätze doppelt und bemerkte es nicht. Namen waren falsch geschrieben trotz Vorlage. Darauf angesprochen, lächelte sie freundlich und meinte, wenn es mir wichtig sei, würde sie künftig die Texte nach dem Tippen nochmals durchlesen.

Selbstverständlich hatte sie einen offiziellen Arbeitsvertrag, obwohl sie nur Minijobberin war, natürlich bezahlte ich ihr sechs Wochen Urlaub, bezahlte ihre Stunden, wenn ein Feiertag an dem eigentlichen Arbeitstag war, und war stets flexibel, wenn eine Schulveranstaltung ihr Kommen verhinderte.

Zu den Kunden war sie freundlich. Sie kam morgens auf die Minute, ging pünktlichst heim, aber sie war anwesend. Ein einziges Mal bat ich sie, an einem anderen Tag zu kommen, weil ein Termin mich beanspruchen würde. Der Arbeitsvertrag gibt das her, jeder andere Chef hätte einfach nur angeordnet. Ich habe gebeten – und eine Abfuhr kassiert. Die Schwiegermutter habe Geburtstag, da könne sie nicht morgens arbeiten.

Der Hagel im Juli wirbelte bei allen Beteiligten den gesamten Betrieb durcheinander. Notbetrieb, Chaos, Dauertelefonate, all das führte dazu, dass Frau P. weitgehend frei und unkontrolliert vor sich hinarbeiten konnte. Ich hatte keine Zeit, sie zu kontrollieren.

Ab Oktober prüfte ich die Buchungen im Hinblick auf die kommende Jahresabrechnung. Und stellte fest, dass Frau P. unglaublich nachlässig gearbeitet hatte. Fehler passieren, auch mir, aber in dieser Menge, wenn man keine weiteren Aufgaben sonst hat, darf das nicht sein. Ich führte ein ernstes Gespräch mit ihr. Sie war traurig und versprach, sich zu bemühen.

Im Herbst zog ich in ein größeres Büro um. Hier haben wir mehr Platz, es gibt einen zweiten Raum für’s Archiv und die Option auf einen dritten Raum. In weiser Voraussicht bar ich Frau P. gleich gar nicht um Hilfe beim Umzug.
 
Hier arbeite ich jetzt (der Boden ist nicht beige, sondern weiß mit grau, das sieht man nicht so gut):
 

 

 

Am ersten regulären Arbeitstag nach dem Jahreswechsel fand ich den Büroschlüssel in meinem Briefkasten, zusammen mit einem Kündigungsschreiben, datiert vom 30.12.2013: Frau P. kündigte „zum 31.12.2013“, weil sie eine andere Stelle habe, und bedankte sich für meine stets sehr freundliche Art. Ich möge ihr doch bitte ein Zeugnis schreiben. 

Ich bin froh, dass sie weg ist. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wie man so gleichgültig und schlicht im Denken sein kann. Während der Weihnachtszeit hatte ich lange darüber nachgedacht, dass die Zusammenarbeit so keinen Sinn macht. Es ist blöd, gerade zur Abrechnungszeit keine Mitarbeiterin zu haben. Auch wenn ihr Aufgabengebiet eher einfach war – machen muss man es, und es kostet Zeit.

Inzwischen habe ich wieder jemanden gefunden und hoffe, dass das klappt. Es gab viele Bewerbungen, aber diesmal waren einige gute Leute dabei und die Auswahl eher schwierig.

 Neues Jahr – neues (Mitarbeiterinnen-)Glück – hoffentlich !