Mittwoch, 12. Mai 2010

Kommunalpolitik auf dem Lande

Nach vielen Jahren mit offiziellen Ehrenämtern, die ich immer auch politisch gestaltet habe, hatte ich nun ein paar Jahre lang kein Amt. Ich war und bin nur noch im Hintergrund die Feuerwehr, wenn jemand einen Ansprechpartner braucht, oder übernehme einzelne Untertätigkeiten, immer zeitlich begrenzt.

Nun sind aber meine Kinder inzwischen größer, und ich kann dadurch auch in Gögas Nachtschichtwochen abends auf Sitzungen gehen, wenn auch nicht gerade bis Mitternacht. Okay, es klappt noch nicht perfekt, Junior verbringt die Zeit dann vor dem Fernseher, und es ist sehr anstrengend, nach einer Sitzung sofort wieder auf Chaotenmutter umschalten und Hibbeljunior ins Bett bringen zu müssen, aber ab und zu wage ich es.

Und so bin ich jetzt in einem Bürgerausschuss gelandet, zwischen lauter „wichtigen“ Ureinwohnern und – das wusste ich vorher nicht – meinen „Freunden“ von der hiesigen Katastrophenschule. Soviel zu dem von mir sehr geschätzten Sprichwort „Man sieht sich im Leben immer zweimal“ ….

Geleitet werden die Sitzungen von einem Vertreter der Stadt und einem Mitarbeiter einer Stadtsanierungsfirma. Der ist eine Nummer für sich: jung, dynamisch, akademisch, flott… so eine Art Guttenberg für Arme *räusper*. Daher hätte ich es wissen müssen, dass ich plötzlich im Powerpointland aufwachen würde. Statt einer Sitzung wie „früher“ gab es ein Meeting auf moderne Art. Der Beamer, bunte Kärtchen und ein Flipchart waren elementar wichtig, jeder musste mehrmals mit seinen auf Karton geschriebenen Gedanken nach vorne kommen und seine Ideen präsentieren.

Selbst dieser Schulleiter war gegen Ende der Sitzung, als wir auch noch mit bunten Klebepunkten arbeiten sollten, etwas überfordert.

Meine Kinder müssen solcherlei neumodischen Kram schon seit vielen Jahren in der Schule ertragen, Präsentationen sind eine heilige Kuh geworden. Ich verstehe sehr gut, dass sie das hassen, denn auch ich bin schüchtern. Und deshalb habe ich gestern abend ähnlich gelitten wie meine armen Kinder.

Im direkten Vergleich schwöre ich darauf, dass herkömmliche Sitzungen lebendiger und informativer sind als dieses künstliche Präsentationsgedöns. Leider lernen die jungen Leute das heute nur noch so, Menschen U30 schwören auf bunte Kärtchen, und wir Tagungsdinos stehen plötzlich da wie nostalgische Alte, die sich dem Fortschritt widersetzen.

3 Kommentare:

Jessica hat gesagt…

Wie bescheuert. Musstest du auch deine "Ideen" präsentieren?

Sylvia hat gesagt…

@ Jessica: Nicht nur das - jeder mußte nach vorne kommen (obwohl es ja eine eher kleine Runde war !), Namen, Beruf und Familienstand nennen, und zweimal während des Abends vorne Kärtchen erläutern und anpinnen (lassen).

Ganz am Ende mußten wir dann auch noch mit Klebepunkten unsere Prioritäten dokumentieren.

Lächerlicher Kinderkram !

Frau Mahlzahn hat gesagt…

Da lob' ich mir den Jubiläumsausschuss, in dem ich sitze, und in dem ich ein Blatt Papier in die Hand gedrückt bekam, um die wesentlichen Punkte meiner Arbeitsgruppe zusammenzufassen. Ich war mit _weiten_ Abstand die jüngste in der Runde, und ganz klar: keiner hörte auf mich und meine Mahnungen, doch bitte beim Thema zu bleiben, *ggg*. Was ich natürlich sofort zu meinem Vorteil nutzte, und mir meine eigenen Gedanken notierte, *ggg*.

Hat nur leider hinterher nie wieder jemand nach dem Blatt gefragt -- aber schön, dass wir drüber geredet haben, ;-).

Jetzt bin ich auch noch in einem Festkommittee gelandet, bin mal gespannt, ob das genauso wird -- gemeinsam drüber reden und dann doch nur das machen, was man für richtig hält...

So long,
Corinna