Ich vermute, seit der Rechtschreibreform sind beide
Schreibweisen zugelassen, aber als ältere Dame zucke ich bei der zweiten Variante zusammen.
Dieses Buch ist mir in unserer wirklich gut sortierten
Bücherei in die Finger und anschließend in die Tasche gefallen:
Und seitdem ärgere ich mit.
Ich bekomme die Krise bei dem Titelbild: Genau so sollte
es eben nicht laufen. Man kann nicht konzentriert arbeiten mit einem Baby im
Arm. Glaubt mir, ich weiß, wovon ich rede, denn
auch ich habe auf diese Weise Briefe und Protokolle geschrieben. Für die ich dann doppelt so lange gebraucht
habe wie normal, bei denen es schrecklich viele Fehldrucke gab, weil ich Tipp-
und Grammatikfehler übersehen habe, weil der Text nicht gut war, weil man die
Konzentrationsprobleme einfach gemerkt hat. Und dazu kam noch, dass
das Baby auf meinem Arm in dieser Zeit eben nicht gut betreut war, sondern meistens quengelte und ganz sicher nicht auf einen komischen Bildschirm starren wollte.
Arbeiten mit Baby oder Kleinkind, von daheim aus,
funktioniert nur mit sinnvoller Kinderbetreuung. Bei mir lief es so, dass meine
beiden Töchter zum Glück sehr gute Schläfer waren, ab 19.00 Uhr hatte ich
zuverlässig Ruhe. Da mein Mann abends beruflich bedingt oft nicht daheim ist
und ich selbst ein Nachtmensch bin, war es kein Problem, abends mehrmals pro
Woche noch am Schreibtisch zu sitzen. Tagsüber hatte ich nur wenige Termine,
die ich betreuungstechnisch organisieren konnte.
Junior, unser drittes Kind, schlief aber nie auch nur
ansatzweise normal. Ich konnte zu keiner Tages- oder Nachtzeit zuverlässig
arbeiten. Dazu kam dann noch, dass das
erste Kind eingeschult wurde, und mein Zeitplan nun auch noch von außen
fremdbestimmt wurde – die Grundschule hatte ein ausgesprochen intensives
Mütterbeschäftigungsprogramm, und als Selbständige mit freier
Zeiteinteilung nimmt man natürlich brav an allem teil, damit das Kind
nicht unter der Berufstätigkeit der Mutter leiden muss – gerade in einer extrem
hausfrauendominierten Gegend. Ein Jahr
lang kämpfte ich verzweifelt, dann aber ergab es sich, dass eine Bekannte mir
von einer Tagesmutter erzählte, die gerade einen freien Platz hatte. Damals war das Wort „Tagesmutter“ noch eher
negativ besetzt, und Andrea war sowieso die einzige Frau im Ort, die fremde
Kinder betreute.
Für uns war sie ein Glücksfall, sie betreute Junior an
zwei bis drei Vormittagen pro Woche, mehr konnte ich mir nicht leisten, und
heute ist sie längst eine gute Freundin von uns.
Rückblickend muss ich gestehen, dass ich schon sehr viel
früher eine Betreuung hätte suchen sollen, aber die Zeiten damals waren noch
ganz anders. Ich wurde von einigen Seiten angegriffen, dass ich ein so kleines
Kind in fremde Hände gebe, meine Schwiegermutter war beleidigt (obwohl sie
keineswegs in diesem Umfang geholfen hätte), kurz – ich war eine böse
Rabenmutter.
Daher kann ich dieses Titelbild nicht billigen.
Es geht aber weiter: Die Farbe Lila ziert nicht nur den
Einband, sondern wird auch im Text teilweise verwendet. Klare Botschaft: Es sind nur Frauen in
Teilzeit selbständig. Das deckt sich keineswegs mit meinen Erfahrungen.
Zunehmend melden auch Männer ein Nebengewerbe an, was übrigens meiner Ansicht
nach sehr sinnvoll ist, wenn man noch in den Anfangsjahren steckt.
Inhaltlich ist das Buch viel zu oberflächlich. Wer sich
noch gar keine Gedanken gemacht hat, mag Denkanstöße bekommen, aber das war
es auch schon. Auch die Wortwahl, „nebenbei“, suggeriert wenig Ernsthaftigkeit.
Das geht mehr in die Richtung der Hausfrau, die mit ihrem Bastelhobby ein
bisschen etwas dazuverdienen möchte, was vollkommen legitim ist, aber nur eine
Nische der Selbständigkeit.
Viel mehr Substanz hat dieses Buch:
Es ist “männlicher” geschrieben – dafür aber sachlich und
hilfreich.
Für mich ist trotz aller Widrigkeiten die Selbständigkeit
nach wie vor eine ideale Möglichkeit, mehrere Kinder und eine Berufstätigkeit
unter einen Hut zu bringen.
1 Kommentar:
Oh, da triffst du einen Nerv ... Frau verdient dazu, am besten auf 400-Euro-Basis, mit dem Säugling auf dem Arm und dem Kleinkind am Bein. Ich konnte und kann mit Kindern zu Hause überhaupt nicht arbeiten ... (wir scheinen in ähnlich mütterzentrierten Gegenden zu wohnen, aber vielleicht ist ja einfach nur ganz Deutschland der Versuch einer kostenlosen Beschäftigungstherapie für Mütter (kann man ja auch wieder so prima sparen: ErzieherInnen, LehrerInnen, so lange die Mütter das mitmachen - für demnächst 150 Euro im Monat ...)
grantelig-solidarische Grüße
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